Ansicht Eingang gegenüber der Schirn Kunsthalle



1. Ein Concept Store für HPM

HPM – ist die zweitälteste Porzellanmanufaktur Deutschlands nach Meissen.
Seit 1746 fertigt HPM Unikate und kleine Serien in Handarbeit „made in Germany“.

Anfang 2022 hat das Land Hessen die Vermögenswerte der insolventen Höchster Porzellanmanufaktur HPM 1746 erworben, um das historische Erbe für Hessen zu erhalten. Die Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG) führt den Betrieb nun mit einem neuen Konzept weiter. Sie nutzt das handwerkliche und künstlerische Know-How für ihre Forschung und Lehre. 

Ein Concept Store für die Porzellanmanufaktur. Ein Markenraum zum Anfassen
Ein Moodboard zeigt die Atelier Atmosphäre des HPM Markenraums

MOODBOARD für den Markenraum von HPM


2. Das Briefing


DAS WICHTIGSTE AM ANFANG


Ein gutes Ergebnis in meinen Projekten hängt maßgeblich davon ab, dass die zwischenmenschliche Ebene zwischen meinen Kunden und mir stimmig ist. Ich muss meine Kunden verstehen, ihre Ideen, Bedürfnisse und persönlichen Geschichten kennen, um sie optimal beraten zu können. Mein Ansatz basiert auf Fragen, Zuhören, Hinspüren und kreativem Input.

Bei einem Corporate Interior spielen Elemente wie: Geschichte, Markenwerte, Visionen, Ziele und das Corporate Branding eine maßgebliche Rolle. Der Raum ist eines der wichtigsten Kommunikationskanäle einer Marke.

Nicht zuletzt ist da der physische Raum: Sein Ort, seine Geschichte, die Architektur und seine Elemente wie Boden, Wände, Decken, Fenster und Türen.

Ich stülpe weder dem Kunden noch dem Raum etwas über, was nicht passt. Weniger ist mehr. Lieber nochmals nachdenken und reduzieren. Ich bremse meine Kunden, wenn ich merke, dass eine Idee nicht zu ihnen oder ihrem Raum passt und eher wie eine Verkleidung wirkt.

Das Ergebnis eines Konzepts ist immer so gut wie das Briefing.

Ein Briefing ist eine gute Gelegenheit für ein Unternehmen, über seine Strategie nachzudenken und zu prüfen, ob sie noch aktuell und sinnvoll ist. Es kann helfen, das gesamte Unternehmen neu auszurichten und Klarheit darüber zu gewinnen, ob es eine Mission, Vision und passende Markenkommunikation gibt.

Dieser Prozess zeigt auch, welche Verkaufszahlen gut sind und welche verbessert werden können. Nur mit dieser Vorbereitung kann ein Innenarchitekt die Strategie erfolgreich in ein Ladenkonzept umsetzen. Das Briefing dient dabei als Checkliste, die kreative und wirtschaftliche Ideen berücksichtigt.

Der Planer muss folgende Informationen sammeln, bevor er mit der Konzeptentwicklung beginnen kann:

  • Geschichte und Hintergrund: Woher kommt das Unternehmen, wohin will es sich entwickeln, welche wichtigen Meilensteine gibt es?
  • Unternehmensmission: Was ist das Hauptziel des Unternehmens, wofür steht es?
  • Vision: Wie soll sich die Marke entwickeln und wie will sie in Zukunft wahrgenommen werden?
  • Wettbewerbssituation: Welche Mitbewerber gibt es?
  • Gestaltungsvorgaben: Gibt es ein bestehendes Logo, eine vorgegebene Designsprache oder Farben? Sollen diese angepasst werden?
  • Ziel des Retailkonzepts: Was ist der Zweck und die Zielsetzung des Konzepts?
  • Herausforderungen: Gibt es besondere Herausforderungen wie ein komplexes Warensortiment oder räumliche Einschränkungen?
  • Zielgruppe: Welche Zielgruppe soll angesprochen werden?
  • Retail-Kennzahlen (KPIs): Welche Kennzahlen sollen verbessert werden – Besucherzahl, Durchschnittsbon, Conversion Rate, Anzahl der gekauften Produkte?
  • Kosten: Was darf der Store pro Quadratmeter kosten?
  • Budget: Welches Budget steht für die Entwicklung zur Verfügung?
  • Zeitrahmen: In welchem Zeitraum soll das Konzept entwickelt werden?
  • Eröffnung: Wann soll der erste Store im neuen Konzept eröffnet werden?


3. Das Ziel | Neupositionierung von HPM in internationalem Umfeld

Im neuen DOMRÖMER Quartier, Frankfurts neuer „Altstadt“ ist ein CONCEPT STORE für HPM geplant. Er soll die neue Ausrichtung der Marke als LifeStyle Marke unterstützen und sie zeitgemäß interpretieren. Der CONCEPT STORE dient der Neupositionierung, der Sichtbarkeit in einem internationalen Umfeld, Steigerung von Bekanntheit sowie der Neukundengewinnung.

4. Die Geschichte der Höchster Porzellan-Manufaktur 1746

Die Höchster Porzellan-Manufaktur wurde 1746 gegründet und ist die zweitälteste ihrer Art in Deutschland. Sie wurde als kurfürstlich-mainzische Porzellanmanufaktur von Johann Friedrich Carl von Ostein, dem Kurfürsten von Mainz, ins Leben gerufen. Mit dieser Gründung erhielt die Manufaktur das exklusive Recht, in Kurmainz Porzellan zu produzieren, und durfte das Mainzer Rad als Markenzeichen verwenden. Die Höchster Porzellan-Manufaktur ist die einzige ihrer Art in Hessen und besitzt eine bedeutende kulturhistorische Rolle.

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

©Logo der Höchster Porzellan-Manufaktur 1746 mit dem Mainzer Rad und: das typische Nachtblau der Marke

5. Der Ort | Neue Frankfurter Altstadt

Die Neue Frankfurter Altstadt, auch Dom-Römer-Viertel genannt, ist das Zentrum der Altstadt von Frankfurt am Main. Zwischen 2012 und 2018 wurde dieses Gebiet neu aufgebaut. Im Dom-Römer-Projekt wurde ein etwa 7.000 Quadratmeter großes Gebiet zwischen Römerberg und Domplatz neu gestaltet. Dieses Gebiet wird von der Braubachstraße im Norden und der Schirn Kunsthalle im Süden begrenzt.


Früher war hier der Alte Markt, der wichtige historische Orte verband. Dieses Gebiet war das Herz der Altstadt, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Von den 1970er-Jahren bis 2010 standen auf dem Gelände das Technische Rathaus und der U-Bahnhof Dom/Römer.

Im Rahmen des Dom-Römer-Projekts wurden historische Plätze und Straßen wie Alter Markt, Hühnermarkt und Neugasse wiederhergestellt. Insgesamt entstanden 35 neue Gebäude, darunter 15 Nachbildungen alter Häuser. Das bekannteste wiederaufgebaute Haus ist das Haus zur Goldenen Waage. Für alle neuen Gebäude gab es spezielle Bauvorschriften, wie zum Beispiel steile Satteldächer und bestimmte Baumaterialien, die typisch für Frankfurt sind.

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

©Martina Velmeden | Eingang gegenüber der Schirn Kunsthalle

6. Das Gebäude und seine Herausforderungen

Das Gebäude steht mit seinem spitzen Giebel auf einem sehr schmalen Grundstück am Krönungsweg. Es passt sich den anderen Häusern an, indem es die gleichen Dachneigungen wie seine Nachbarn hat. Im Erdgeschoss betonen hohe Sandsteinelemente die vertikale Ausrichtung der Fassade und tragen die oberen Stockwerke, die etwas herausragen.


Doppelfenster auf beiden Seiten trennen die Fassade klar in zwei Hälften. Die schmalen, nah beieinanderliegenden Fenster lassen viel Licht ins Innere. Ein mittleres Putzband und die roten Sandstein-Elemente an den oberen Fenstern setzen die Linie fort. Auch das Giebelfenster passt sich dem an. Die Außenwände sind fein verputzt und mit einfachen horizontalen Bändern gegliedert. An der Südfassade sind zwei dekorative Steine aus dem 18. Jahrhundert eingebaut.

Die Herausforderungen

  • Mittelalterlicher Grundriss
  • Kleine schmale Fläche
  • Doppelgeschossige Raumhöhe
  • Zwei Eingänge, die eine vorderseitige und rückseitige Gasse miteinander verbinden
  • Viel benötigte Fläche für Bewegung, bedingt durch die beiden Eingänge des Ladenlokas

7. Der Raum | Eine Analyse

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

8. Das Raumkonzept – Der Raum als Markenraum mit seinen Funktionen

Der Raum als Atelier und Geschichtenerzähler – Ich möchte einen Concept Store für Porzellanherstellung zum Anfassen und Erleben

Die Funktionen

  • Orientierung
  • Ankommen und „reines Durchlaufen“ zwischen zwei Ein- und Ausgängen „verhindern“
  • Fokuspunkte
  • Wandflächen als Geschichtenerzähler
  • Atelierbereich auf der zweiten Ebene – mit der Möglichkeit, Gast-Designern zuzusehen. Zu erreichen über eine Sichtbetontreppe.
  • Centerpiece multifunktional zu nutzen als: Präsentationsmöbel, Kasse und als Stauraum für Verpackungsmaterial
  • Lager
  • Sitzgelegenheiten
  • Wände als Kommunikatoren der Marke: analog und digital mit einer Videowall
  • Mitarbeiterraum mit Teeküche
HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

Porzellanherstellung in Handarbeit – Der Raum als Atelier und Geschichtenerzähler – Porzellanherstellung zum Anfassen und Erleben

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9. Die Zielgruppe | Erlebnis & Kauf

In Frankfurts neuer Altstadt haben sich hochwertige Lifestyle Labels sowie trendige Gastronomiekonzepte angesiedelt, die sich auch an kauffreudige Touristen aus aller Welt richten. Der CONCEPT STORE dient nicht nur der Neupositionierung und der Sichtbarkeit in einem internationalen Umfeld sondern auch der Steigerung von Bekanntheit sowie der Gewinnung von Neukundinnen und -kunden.

Vor allem soll der CONCEPT STORE jüngere Konsumenten sowie Touristen als Kunden gewonnen werden. Nicht zuletzt war es eine Idee, dass diese später von zuhause aus online nachbestellen können.

10. Das Konzept


KERNFRAGE MEINER KONZEPTE & ENTWÜRFE

Welchen sinnlichen Raumeindruck soll das Design erzeugen?

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

Die Zielgruppe emotional ansprechen

Handwerk und Werte sowie der neue Spirit von HPM sollen durch die durchgängig moderne Atelieratmosphäre spürbar werden.

Heutzutage, wo du alles online shoppen kannst, braucht es neue oder bewährte alte Ideen, um Menschen in die Läden zu ziehen. Da helfen Designs, die sich an bekannte architektonische Stile anlehnen, gemütliche Elemente, die zum Verweilen einladen, oder coole Hintergründe, die man auf Social Media teilen kann.


Das Ziel: Einkaufen soll ein besonderes Erlebnis sein. Am besten eine Kombi aus digitalem und analogen Shopping. Ein Ort der eine Geschichte erzählt: zum Anfassen und Verstehen, wie Porzellanherstellung geht.

So minimalistisch und so atmosphärisch wie möglich.


Im Raum sehe ich wechselnde Ausstellungen vor, die die Marke und auch Gast-Designer für limitierte Auflagen bekannt machen und den Store regelmäßig neu beleben. 

OBERFLÄCHEN & MATERIAL – matt & glänzend 

Zartes, glasiertes Porzellan steht im starken Kontrast zu sachlichem Sichtbeton und Sichtestrich. 

Möbel aus geweißter und geölter Eiche und mattem Schwarzstahl erinnern an die Werkstätten der Manufaktur. Alle Materialien reflektieren kaum Licht, so dass das Porzellan im Fokus steht und alleinig Lichtreflexe widerspiegelt.

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

©Martina Velmeden | Meine Material-Collage für den Entwurf

HAPTIK – kühl & warm


Auch die Haptik steht im wechselnden Kontrast von kühl und warm. So sind die Wandflächen aus Sichtbeton und der Boden aus Sichtbetonestrich. Die Ladenmöbel sind abwechselnd und auch kombiniert aus gewachsten Schwarzstahl-Hohlprofilen sowie aus geweißter, matter Eiche.

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

©Martina Velmeden | Das Atelier zum Anfassen

MÖBEL – offen & geschlossen 

Der Ateliercharakter sieht so wenig wie möglich Mobiliar vor. Ich verzichte daher bewusst auf übliche Ladeneinbaumöbel, sowie auf einen typischen Kassentresen. Stattdessen setze ich auf solitäre, additive Möbel, wie sie in einem Atelier denkbar sind.

Warum?

Weil frei bewegliche Möbel für Kreativität stehen. Sie suggerieren, dass ich den Raum ja theoretisch jederzeit verändern könnte. Also das Gegenteil von fest eingebaut und unflexibel.

Neben offenen Regalflächen inszeniert ein CENTERPIECE mit Sichtbeotonablagefläche in der Mitte des Stores Neuheiten und besondere Einzelstücke. Es bietet in Form von Schubläden Stauraum für Verpackungsmaterial und ersetzt den Kassentresen. 

HPM-BLAUE CORPORATE WANDFLÄCHEN – analog & digital 


Die meist über beide Geschosse gehenden Wandflächen sind Geschichtenerzähler. Da ist Platz für das angeleuchtete Logo, das schon beim Blick in den Laden auffallen darf.

Zwei Wände erzählen mehr:

  • die eine ist digital. Sie gibt mit einer flächenbündig eingelassenen Videowall Einblicke in die Firmengeschichte.
  • Die andere ist analog und kuratiert Handskizzen der Designer von limitierten Auflagen.

Die erzählenden Wände sind im typischen HPM Corporate-Nachtblau gehalten. Auch, damit sich das meist weiße Porzellan kontrastreich abheben kann.

10. Das Lichtkonzept | Indirekt & Inszeniert

Das Lichtkonzept inszeniert das Porzellan wie auf einer Bühne, auf der sich der Rest – hier der Ladenbau – zurücknimmt.

Das Licht soll dafür sorgen, dass sich Kundinnen und Kunden im Raum orientieren können und dass das Porzellan lebendig ins Auge springt. Daher ist das gesamte Material des Ladenbaus matt gehalten. Keine Konkurrenz für das zarte, glasierte Porzellan.

Einzig die Mittelzone ist mit einem Objekt, einem Unikat aus Porzellanscheiben inszeniert, das von LED-Downlights angestrahlt wird. Das Lichtkonzept sieht die Inszenierung des Porzellans über den gesamten CONCEPT STORE vor. Daher sind die Lichtquellen in Form von LED-Downlights und linearen Einbau-LEDs nicht als Objekte wahrnehmbar. 

Alle Leuchten sind digital DALI-gesteuert und reagieren auf Tageslichtschwankungen und Nutzungs-Szenen – wie beispielsweise die Nachbeleuchtung.

11. Der Entwurf

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

GRUNDRISS EG

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

GRUNDRISS OG

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

Schnitt A-A

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

Schnitt B-B

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

Schnitt B-B Detail OG

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

Schnitt D-D

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

Schnitt E-E

HPM Porzellanmanufaktur - Entwurf Concept Store

 

©Martina Velmeden 2025

 

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